#IhrSeidDochSpinner - Shitstorm, Candystorm, Disziplinargespräch
Ein Rettungswagen (RTW) der Feuerwehr Düsseldorf passiert ein paar Demonstranten, die Probleme mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben, mit Sondersignal. Die Besatzung unterbricht das Signalhorn kurz und man hört über den Außenlautsprecher "Ihr seid doch Spinner". Dann ertönt wieder das Signalhorn.
Irgendjemand hat die Szene auf Video eingefangen und gepostet:
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Das Video geht viral und findet sehr viel Resonanz. In meiner "Blase" findet es nur Zustimmung. Ich persönlich habe mich über diese Aktion auch sehr amüsiert.
Auf dem Fahrzeug ist zu erkennen, dass es sich um einen RTW der Feuerwehr Düsseldorf handelt. Das Social Media Team reagiert recht schnell und diplomatisch. Auf Twitter wird das Video retweetet, das Verhalten an sich kritisiert und die Erklärung in der Anspannung nach 12 Monaten Coronalage gesucht.
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Auch in den Reaktionen auf diesen Tweet findet die Aktion wieder viel Zustimmung. Der Rettungsdienstler wird gelobt und u.a. für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Der Hashtag #IhrSeidDochSpinner geht viral. Und natürlich steigt auch die Presse darauf ein. Inzwischen ist klar, dass es sich bei der Besatzung um ein Team des DRK Kreisverbands Düsseldorf handelt, das das Fahrzeug im Auftrag der Feuerwehr besetzt. Über deren Pressesprecherin lässt der Kreisverband vermelden, dass der Mitarbeiter auf einen der Sieben Grundsätze der weltweiten Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung hingewiesen wurde: den Grundsatz der Neutralität (s.u.). Ferner erhalte der Mitarbeiter "ein Disziplinargespräch mit derzeit offenem Ergebnis".
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Diese Aktion löst eine regelrechte Bestellwut aus. An dieselbe Adresse wurden jede Menge süße und salzige, gesunde und mehr dem Genuss dienende Leckereien bestellt. Da wird die Feuerwehr Düsseldorf sich in der kommenden Woche auf eine massive Flut an Päckchen und Paketen einstellen dürfen. Und die Menge könnte für alle Retterinnen und Retter in Düsseldorf reichen. Alles Solidaritätsbekundungen für die #Ehrenretter aus dem #EhrenRTW.
Das "Disziplinargespräch" hat inzwischen übrigens stattgefunden. Es scheint, dass der Mitarbeiter weder abgemahnt noch gekündigt wurde. Was auch nicht zu erwarten war. Hier geht es zum Video des DRK KV Düsseldorf:
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Welche Schlussfolgerungen ziehe ich aus dieser Geschichte?
- Das richtige Video zum richtigen Zeitpunkt aufgenommen und verbreitet, hat das Potential viral zu gehen.
- Es macht mich immer wieder ratlos, wie schnell Menschen bereit sind, Urteile zu fällen. "Emotion frisst Hirn" - und das ist in den Sozialen Medien immer mehr sichtbar.
- Die Fähigkeit, differenziert zu denken, scheint auch abhanden zu kommen. Bei aller Begeisterung für die Aktion des Kollegen, muss doch auch jedem klar sein, dass einem Arbeitgeber gar nichts anderes übrig bleibt, hier zu reagieren.
- Es entsetzt mich regelrecht, wie alles, was der eigenen Meinung entspricht, hochgejubelt wird, sobald es aber davon abweicht, aggressive Gegenreaktion als angemessenes Mittel breit akzeptiert ist. Eine Bereitschaft zum Diskurs scheint im "Land der Dichter und Denker" kaum noch möglich.
- Soziale Medien können aber auch richtig toll sein und machen auch eine breite spontane Hilfsbereitschaft möglich.
- Es gibt Arbeitgeber, bei denen es Freude macht, zu arbeiten. (OK, das wusste ich schon.)
- Hier ist ein tolles Beispiel, wie das öffentlich wahrgenommene "Fehlverhalten" eines Mitarbeiters in absolut positive Bahnen gelenkt wird.
1. Menschlichkeit... Leben und Gesundheit schützen ...
AntwortenLöschenDer Rotkreuzbeauftragte des KV Düsseldorf sollte mal seine Grundsätze lesen!
Gut, Ordnungswidrigkeit wegen Lärmbelästigung aber inhaltlich voll und ganz im Sinne des DRK
Alexander Adam (12 Jahre Stv. Landesleiter des JRK in S.-H.)