Hätte das Monster uns gefressen? - #Warntag2020
Da saßen wir nun alle vor den Empfangsgeräten und haben auf den Alarm gewartet. Wir wollten extra nicht erschrecken und haben genau auf die Uhr geschaut und darauf gewartet, dass draußen die Sirenen heulen, das Smartphone über die Warn-App anspringt, im Radio Durchsagen gemacht werden oder was auch immer.
Überwiegend geschah: Nichts.
Natürlich habe ich (und nicht nur ich) die Lage in den Sozialen Netzwerken beobachtet. Auch, weil ich auf Facebookseiten, die ich betreue, entsprechende Posts vorbereitet hatte. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hatte ein sehr witziges Monstervideo vorbereitet.
Als nun die Alarme ausblieben, ließen auch entsprechende Kommentare nicht auf sich warten. Aufgrund der breit angelegten Informationskampagne im Vorfeld des #Warntag2020 waren eben auch die Erwartungen recht hoch gesteckt gewesen.
Nun könnte man natürlich, wie so oft, auf "den Staat" schimpfen, der nichts auf die Reihe kriegt. Das ist noch nicht einmal ganz unberechtigt. In der Erwartung, dass bis zum "Ernstfall" eine ganz tolle technische Lösung gefunden wird, hat man in den 1990ern die Sirenen vorschnell außer Betrieb genommen bzw. abgebaut. Alternativen scheitern an technischen Details oder am Datenschutz. Die Warn-App NINA hat in diesem Fall versagt. Im Alltag hat sie mich bisher allerdings recht zuverlässig gewarnt und informiert. Gut, dass die zentrale Auslösung durch den Bund jetzt versagt hat. Im Rahmen einer Übung. Somit können nun die Ursachen für das Alarmierungsfiasko ausgewertet und behoben werden. Und genau das ist ja der Sinn von Übungen.
Viel wichtiger aber ist doch die Frage "Was lerne ich aus dem #Warntag2020?"
Als ich vor knapp 10 Jahren anfing, mich für die Verwendung Sozialer Netzwerke für die Bevölkerungswarnung und -information einzusetzen, gab es viele Skeptiker. Ich wurde mit Einwänden konfrontiert wie "Soll jetzt Facebook die Sirenen ersetzen?" "Meine Großeltern sind nicht auf Twitter oder Facebook. Müssen die dann sterben?" oder "Was passiert, wenn das Internet oder der Strom ausfallen? Ist dann diese Region verloren?".
Immer und immer wieder betonte ich, dass es in all diesen Fragen die Mischung macht. Nur auf ein einzelnes Medium zu setzen wäre völlig dumm. Es liegt also an jedem einzelnen, sich selber die Möglichkeit zu verschaffen, an Informationen zu kommen. Eine inzwischen sehr effiziente Möglichkeit dafür ist aber nun mal das Internet und die Sozialen Netzwerke. Und diese leben von denen, die dort aktiv sind. Ich erinnere mich an ein größeres Feuer im Raum Hamburg am späten Abend. Die Feuerwehr informierte über die Social Media Kanäle und eine App über das Feuer und bat Menschen, die in der Windrichtung wohnen, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Auch wenn Hamburg absolut nicht in meiner Nachbarschaft liegt, habe ich die Information weiterverbreitet. Jemand kommentierte, dass er Verwandte dort habe, die wären um diese Zeit aber sicher nicht mehr im Internet. Da habe ich geraten, sie doch anzurufen. Eigentlich ganz einfach.
Aber hier zeigt sich doch das Wesentliche an der Nutzung Sozialer Medien in Schadenslagen:
- Information kann schnell verbreitet werden.
- Rückfragen oder auch Diskussion ist möglich.
- Gegenseitige Hilfe ist möglich.
- Es kann auch auf andere Medien oder Möglichkeiten der Informationsweitergabe verwiesen werden.
- Teilen von (verifizierten) Informationen
- Weitergabe von Warnungen in Gefahrenlagen
- Richtigstellung von Falschinformationen
- ggfs. Vermittlung von Hilfeersuchen an Menschen oder Stellen, die helfen können
- direkte Warnung von Verwandten oder Freunden
- ...
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